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Freitag, 8. April 2016

Streit um Erstattung von Reparaturkosten

Ein weiteres extrem wichtiges und in der Entscheidung selbstverständliches Urteil bezüglich der Reparaturrechnung eines Karosseriefachbetriebes. Quelle ist in diesem Fall autorechtaktuell.de, zu finden ist der Artikel beim Kfz-Betrieb unter http://www.kfz-betrieb.vogel.de/recht/articles/528920/

Vorlegen der Rechnung ist entscheidend
08.04.16 | Autor: autorechtaktuell.de

Schädiger müssen Geschädigten die Reparaturkosten vollumfänglich erstatten, sofern diese per Rechnung belegt werden und kein Auswahlverschulden hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt vorliegt. So urteilte das Amtsgericht (AG) Aachen am 3. Februar 2016 (AZ: 115 C 395/15) und gab damit einer Kfz-Werkstatt, die als Kläger auftrat, recht.

Diese hatte restliche Reparaturkosten sowie die Kosten einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen von der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung zurückverlangt. Der Geschädigte hatte sein Auto zunächst begutachten und anschließend nach den Vorgaben des Sachverständigen in der Werkstatt der Klägerin reparieren lassen.

Die Beklagte regulierte die Reparaturrechnung unter Kürzung der Stundenlöhne und Abzug der Beilackierungskosten für angrenzende Fahrzeugteile unter Berufung auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten. Ferner wandte sie ein, dass Gutachten und Rechnung hinsichtlich bestimmter Teile nicht deckungsgleich seien.

Die Klägerin holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme beim Gutachter ein. Diese setzte sich mit den technischen Kürzungen auseinandersetzte und wurde in Höhe von 142,50 Euro in Rechnung gestellt. Die Beilackierungskosten seien erforderlich, da selbst bei intensivsten Bemühungen eines Fachmannes zur Farbtonbestimmung, Nachnuancierung und Musterblecherstellung Farbtonunterschiede bei den unterschiedlichsten Lichteinflüssen ohne Beilackierung nicht zu verhindern seien.

Die Urteilsgründe

Das AG Aachen sprach der Klägerin die weiteren Reparaturkosten und auch die Kosten der ergänzenden Stellungnahme zu.

Der Geschädigte kann vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen des Schadenersatzes alle anfallenden Kosten anlässlich des Schadenereignisses insoweit ersetzt verlangen, als sie erforderlich waren. Die Klägerin rechnet den ihr entstandenen Sachschaden vorliegend konkret nach Maßgabe der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten ab. Es handelt sich also gerade nicht um den Fall einer fiktiven Abrechnung auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens.

Die Frage der Notwendigkeit der Beilackierung der vorderen rechten Tür des klägerischen Fahrzeugs kann daher dahinstehen. Die Kosten hierfür waren im zuvor eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt. Ein Geschädigter darf im Rahmen der subjektsbezogenen Schadenbetrachtung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten kalkulierten Arbeitsschritte und das hierfür benötigte Material zur Schadenbeseitigung erforderlich sind. Er darf daher einer Werkstatt den Auftrag erteilen, gemäß Gutachten zu reparieren. Das entsprechende Werkstatt- und Prognoserisiko trägt der Schädiger.

Die Ersatzfähigkeit von unnötigen Mehraufwendungen ist nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem Dritten ein äußerst grobes Verschulden zur Last fällt, sodass etwaige Mehraufwendungen dem Schädiger nicht mehr zuzurechnen sind. Hierfür sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Da das streitgegenständliche Fahrzeug vorliegend repariert wurde, sind die durch die Reparaturrechnung belegten Aufwendungen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten. Weiter ergaben sich diese Aufwendungen bereits aus dem zuvor eingeholten Sachverständigengutachten.

Auch die Kosten der ergänzenden Stellungnahme sind von der Beklagten als ersatzfähiger Schaden zu tragen. Wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer bereits vorgerichtlich technische Einwendungen gegen das eingeholte Schadengutachten erhebt, deren Berechtigung der Geschädigte aufgrund fehlender Sachkenntnis nicht abschließend beurteilen kann, darf er grundsätzlich die Einholung eines Ergänzungsgutachtens für sachdienlich erachten.

Vorliegend war die zusätzliche gutachterliche Stellungnahme zur Bemessung und Ermittlung der Kosten für die Position „Beilackieren“ sowie zur Deckungsgleichheit von Kalkulation und Rechnung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig. Der Geschädigte darf in dieser Situation davon ausgehen, dass mithilfe einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zur technischen Klärung des Sachverhalts bereits im Vorfeld des Prozesses beigetragen werden kann. So kann er – auch im Sinne einer wirtschaftlich sinnvollen Vorgehensweise – auf eine außergerichtliche Erledigung hinwirken und dadurch einen langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit vermeiden.

Das Urteil in der Praxis

Das AG Aachen bestätigt, dass konkrete Reparaturkosten, die bereits in einem zuvor erstellten Gutachten Berücksichtigung fanden, vollumfänglich vom Schädiger zu erstatten sind. Die durch eine Reparaturrechnung belegten Aufwendungen stellen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten dar.

Lediglich ein nachgewiesenes Auswahlverschulden des Geschädigten hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt könnte zu einer Freistellung des Schädigers vom Werkstatt- bzw. Prognoserisiko führen (vgl. auch AG Berlin-Mitte, Urteil vom vom 23.9.2015, AZ: 18 C 3143/15; AG Salzgitter, Urteil vom 14.10.2015, AZ: 22 C 57/15).