ZKF

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Mittwoch, 21. Oktober 2015

Die Kraft der Industrie

Es ist erstaunlich, in welcher kurzen Zeit ein Industriegigant in der deutschen Wirtschaft stolpert und welche Unsummen von Kapital am Aktienmarkt in der gleichen Zeit vernichtet werden. Erstaunlich ist auch der Zeitpunkt des Stolperns. Während der Weltautomesse IAA und drei Tage vor der Vertragsverlängerung des Vorstandsvorsitzenden. Raum für alle Spekulationen sind gegeben.

An Spekulationen will ich mich nicht beteiligen. Für mich ist aber mehr als deutlich geworden, dass aktuelle Fahrzeuge rollende Computer-Blackboxes sind. Seit der Euro-5 Abgasnorm sind alle Hersteller verpflichtet, alle Daten der Fahrzeuge für Service und Reparatur offenzulegen und jeder Werkstatt zugänglich zu machen. Wie kann es dann sein, dass eine US-Amerikanische Behörde mit einer großen Anzahl von IT-Technikern und Ingenieuren fast 12 Monate braucht, um nach dem Beweis der zu hohen Abgaswerte am Endrohr die Ursache ausfindig zu machen, nämlich eine kleine Software.

Für mich ist dadurch der Beweis erbracht, dass der Hersteller als Industriegigant doch nicht alle Daten der Fahrzeuge offenlegt. Das Eingeständnis der Freigabe der Service- und Reparaturdaten scheint in diesem Zusammenhang eine Kleinigkeit für die Industrie. Der wirkliche Wert der rollenden Computer-Blackboxes mit dem Namen Auto ist der Zugriff auf „Big-Data“ und die vollständige Überwachung des Fahrzeuges. Deutlich wird dies auch durch den Antrag der Autohersteller, beim Thema der Hauptuntersuchung die Überwachung des Fahrzeugzustandes über die Telematik selbst zu organisieren. Die Endrohrmessung in der Abgasuntersuchung ist offenkundig bei Euro-5 und 6 Fahrzeugen schon abgeschafft.

Volkswagen wird die Situation meistern, da bin ich sehr optimistisch. Es ist sogar davon auszugehen, dass es gelingt, einen Vorteil daraus zu generieren, so wie es Mercedes einst mit der kippenden A-Klasse gelungen ist. Für den gesamten Markt der Fachwerkstätten ist der Dieselgate allerdings eine große Chance, unsere Anforderungen nochmals zu verdeutlichen und eine neuerliche und vollumfängliche Wende in der Abschottung der Fahrzeugdaten zu erreichen. Der Autofahrer, die Werkstatt und wen auch immer der Fahrzeughalter dazu legitimiert, muss wissen, welche Daten wann an wen übermittelt werden. Eine monopolistische Stellung des Fahrzeugherstellers darf es nicht geben, denn das Ergebnis aus dieser Position heraus, haben wir gerade in Wolfsburg vorliegen.

Das Fahrzeug muss eine offene Schnittstelle haben, Apps von dritten Anbietern Zugang erlauben, die Fahrzeugdaten erfassen können und dem Fahrzeughalter jederzeit die Entscheidung überlassen, wer sein Service- und Dienstleister sein soll. In den vergangenen Tagen haben der ZDH, ZDK und wir, der ZKF, dieses Thema in den Versammlungen zusammen mit den Politikern Peter Altmaier, Alexander Dobrindt und Christian Lindner deutlich formuliert. Alexander Dobrindt hat neben der vollständigen Aufklärung der Vorfälle auch die Verhinderung der Abgrenzung eines ganzen Wirtschaftsbereiches, dem freien Aftermarket, versprochen. Ein enormer Schritt für die freie Fachwerkstatt, denn die Tatsache, dass sich die Industrie vor dem freien Markt durch Abschottung des Fahrzeuges einen Vorteil verschaffen will, ist nun offenkundig. Der ZKF kämpft weiter im Interesse der Werkstätten für den freien Reparaturmarkt, nun mit deutlich mehr Rückenwind.

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Es muss jedem bewusst sein, dass ein Servicekunde einen ganz anderen Anspruch als ein Unfallkunde hat

Über das Konzept "Service-Select" wird derzeit viel diskutiert. Das Standox Portal Lackextra bat mich deshalb zum Interview zum Thema:

Mit seinem Konzept „Service-Select“ macht der Versicherungsriese HUK-Coburg ernst mit der Servicesteuerung in der Autoreparaturbranche. Über den Vorstoß wird derzeit viel diskutiert – zu Recht, sagt ZKF-Präsident Peter Börner im Lackextra-Interview. Denn er sieht durch Servicesteuerung große Herausforderungen auf die Werkstätten zukommen.

Lackextra: Herr Börner, der ZKF hat sich früh zu „Service-Select“ geäußert. Welche Gefahr sehen Sie für die Reparaturbetriebe?

Peter Börner: Wir sehen hier den Vorstoß eines großen Marktplayers, der bei unseren Werkstätten nicht nur in der Lenkung von Unfallschäden, sondern auch von Service- und Inspektionsaufträgen zum Großkunden wird. Dadurch können Abhängigkeiten der Partnerwerkstätten entstehen, die problematisch sind. Darüber hinaus muss die Werkstatt wissen, welche veränderte Kundenfrequenz sie erwartet. Es ist zudem davon auszugehen, dass umgehend umfängliche und intensive Werkstatttests durch unterschiedliche Organisationen folgen werden.

Lackextra: Auch andere Marktteilnehmer, zum Beispiel Autohersteller, haben Konzepte, um eine Servicesteuerung zu etablieren. Was macht den HUK-Vorstoß so besonders?

Peter Börner: Dass es eben kein Automobilhersteller ist, sondern eine Versicherung, und die hat zunächst mit der Inspektion und Wartung von Fahrzeugen nichts zu tun. Verfolgt man aber die Gesamtstrategie der HUK-Coburg, wird deutlich, dass ihre Wettbewerber nicht nur andere Versicherungen, sondern auch Autohersteller mit ihren Vertriebsorganisationen sind. Man will einerseits die Versicherungskunden im Bereich Fahrzeug vollumfänglich bedienen und andererseits die Werkstätten mit den Bereichen Mechanik und Elektronik fördern.

Lackextra: Lässt sich die Servicesteuerung noch aufhalten?

Peter Börner: Es besteht kein Anlass, diese Entwicklung aufzuhalten. Eine große Leasing- oder Fuhrparkflotte muss gesteuert und organisiert werden. Der Fahrzeughersteller bietet über seine Finanzdienstleistung Service und Wartung mit der Leasingrate an. Dies geschieht schon seit Jahren und ist für den Kunden nur von Vorteil. Wirklich besonders ist im vorliegenden Fall, dass eine Versicherung eingreift und dies mit Partnerwerkstätten aufzieht, die aus dem Fachbereich der Karosserie- und Lackreparatur kommen.

Lackextra: Wie wird sich dies auf die Reparaturbranche auswirken?

Peter Börner: Der Eingriff eines Marktgiganten in bestehende Strukturen kann nur über den Preis erfolgen, um dem Autofahrer einen Vorteil bieten zu können. Doch bei einem Erfolg des HUK-Coburg-Projekts werden andere Versicherungen nachziehen. In absehbarer Zeit wird somit der gesamte Markt aufgemischt, und am Ende bieten alle wieder vergleichbare Leistungen. Doch ob dann für die Werkstätten noch auskömmliche Renditen möglich sind, muss bezweifelt werden.

Lackextra: Welche Werkstätten werden profitieren, welche verlieren?

Peter Börner: Nach meiner Einschätzung gehören qualifizierte freie Betriebe wegen neuer Kunden und neuer Aufträge zunächst zu den Gewinnern. Doch die Vertragswerkstätten werden zweifellos Gegenmaßnahmen ergreifen, so dass der Wettbewerb heftiger wird. Mittel- und langfristig wird entscheidend sein, ob in den Werkstätten noch Erträge erwirtschaftet werden. Und dazu gehören auskömmliche Stundenverrechnungssätze.

Lackextra: Wie können sich Werkstätten auf Servicesteuerung einstellen? Welche Abläufe verändern sich?

Peter Börner: Das sehe ich als den aufwendigsten Prozess. Wenn wir von minimal zwei produktiven Mitarbeitern im Inspektions-Service ausgehen, müssen acht bis zwölf Auftragsdurchgänge am Tag erfolgen. Das bedeutet: zwölf Kunden am Morgen, zwölf Kunden am Abend, zwölf komplette Teilebestellungen und bei Fehlteilen oder nachträglich benötigten Teilen eine unmittelbare Versorgung mit Ersatzteilen. Es muss auch jeder Werkstatt bewusst sein, dass ein Servicekunde einen ganz anderen Anspruch als ein Unfallkunde hat. Hinzu kommen Parkplätze, Arbeitsplätze, Werkzeuge, Diagnose-Tools und Weiterbildungen im Bereich Mechanik und Elektronik. Jede Werkstatt muss genau prüfen, ob sie die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Lackextra: Welche Maßnahmen ergreift der ZKF?

Peter Börner: Wir im ZKF sehen neben der Aufklärung unserer Mitglieder derzeit keinen direkten Anlass, Maßnahmen zu ergreifen. Unsere Mitglieder sind durchaus in der Lage, dieses Angebot sorgfältig zu prüfen und mit ihren Gegebenheiten abzustimmen. Wir bieten aber seit Jahren viele Weiterbildungsmaßnahmen zur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen an und beraten die Betriebe zum Beispiel in handwerksrechtlichen Fragen.

Lackextra: Und welche Konsequenzen hat die Servicesteuerung für die Autofahrer?

Peter Börner: Vom Preis her positive. Von der Qualität der Arbeit her keine, denn die muss immer stimmen. Der Autofahrer wird neben der Vertragswerkstatt einen weiteren Werkstatttyp kennenlernen, der ebenfalls einen besonderen Service bieten kann. Somit wird das Angebot für ihn größer, seine Auswahl breiter.

Audatex Muttergesellschaft Solera steht vor dem Verkauf

Von oberster Quelle habe ich folgende offizielle Mitteilung über den anstehenden Verkauf erhalten:

Solera announced that it has entered into a definitive merger agreement with Vista Equity Partners, a leading private investment firm, and affiliated prestigious investors that include Koch Industries and Goldman, Sachs & Co. Upon completion of this transaction, Solera will once again operate as a privately-owned company.
Since Solera's inception, we've remained committed to providing you, our valued customer and partner, with our world-class services and solutions. We've expanded to 78 countries, invested in over 35 companies, and built highly distinguished teams around the globe to create powerful technology platforms that help you to digitally manage the lifecycle of automobile and property ownership. 
As Solera enters the next phase of our global expansion, becoming a private company will provide our company with more operating freedom and flexibility than we have had as a public company. We believe these benefits will enable us to better support you with our world-class services, as well as with additional and faster proprietary innovation.

Es bleibt abzuwarten, ob durch diese Übernahme tatsächlich Einflüsse auf dem Deutschen Markt zu erwarten sind, wenn es um die Produkte Schadenkalkulation und Carisma geht.