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Mittwoch, 21. Juli 2021

Interview mit dem Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg e.V. (17. Mai 2021)

Herr Börner, welche Werkstattthemen brennen Ihnen aktuell am meisten unter den Nägeln?

Aktuell, wie auch in den letzten Jahren, das Thema „Right-to-Repair“, also das Recht zur Reparatur von Fahrzeugen. Das klingt gegenwartsbetrachtet vielleicht etwas weit weg von den täglichen Herausforderungen, wir müssen uns in einem Berufs- und Wirtschaftsverband unbedingt mit der Zukunft beschäftigen. Wir sehen einen Wandel in der Technologie des Antriebes und des Fahrzeugs selbst, wir sehen einen Wandel in der Gesellschaft und im Nutzen des Fahrzeuges, und wir sehen Veränderungen durch die Automobilindustrie gesteuert, was den Handel, die Wertschöpfungskette Vertrieb, Versicherung, Finanzierung, Daten, bis hin zur Reparatur, unabhängig ob Mechanik, Elektronik, Karosserie oder Lack. Wir arbeiten im Sinne unserer Mitglieder in den deutschen und europäischen Interessenverbänden, um auch in Zukunft einen offenen Markt für das Thema Mobilität für den Verbraucher zu haben. 

Versicherungen und Rechnungskürzung, ein leidiges Thema: Was raten Sie Betrieben in diesem Fall?

Die einfachste Antwort wäre „streiten“, leider ist das nicht so einfach. Haftpflicht, Kasko und der in der Kooperation mit der Versicherung gelenkte Schaden sind komplett unterschiedlich zu betrachten. Wir sehen die Rechnungskürzung schon lange nicht mehr als Abzug der Werkstattleistung, sondern als absichtliches Vorenthalten sachlich begründeter Ansprüche des Geschädigten. Der ZKF rät somit seinen Mitgliedsbetrieben, im Haftpflichtschaden immer mit Sachverständigen und Rechtsanwalt, um zum einen die Ansprüche des Geschädigten sicherstellen zu können und zum anderen für die Zweifels ohne kommende Streitigkeiten mit der Versicherung gewappnet zu sein. Im Kasko empfehlen wir, den Sachverständigen der Versicherung zu einer klaren Aussage des Reparaturumfanges zu bewegen oder eine definitive Reparaturfreigabe ohne Einschränkungen zu erhalten. Sollte es dann zu Rechnungsabzügen kommen, möglichst keine sachliche Erklärung abzugeben, sondern mit einem Rechtsanwalt sofort auf Verzug der Rechnung klagen. Erfahrungsgemäß ist nach wenigen Tagen die Rechnung bezahlt. Im kooperativen gelenkten Schaden sind die „Fronten“ zuvor in der Vereinbarung zwischen Versicherung und Werkstatt getroffen. 

Weniger Werkstattdurchgänge wegen Corona und dann noch Margenkürzungen bei Ersatzteilen durch Hersteller: Wie steuern Betriebe gegen und besteht Aussicht auf Besserung?

Ja, wir müssen ganz einfach nur handeln. In der Unfallreparatur liegt der Markt seit dem März 2020 etwa 18-22% unter den Aufträgen und Umsätzen von 2019. Die letzten Monate zeigen sogar ein noch schlechteres Bild. Hinzu kommen für den freien Karosserie- und Lackierfachbetrieb sinkende Teilemargen und steigende Lackmaterialkosten. Mit Handeln meinen wir nun die Preise anzupassen. Keiner schreibt uns vor, die Ersatzteile zu einer UPE von x verkaufen zu müssen oder das Lackmaterial verschenken zu müssen. Mit den veränderten Bedingungen muss auch der Stundensatz neu kalkuliert und angepasst werden. 

Das Kraftfahrzeuggewerbe kämpft auf EU-Ebene für einen Zugang freier Werkstätten zu Herstellerdaten. Wie zuversichtlich sind Sie?

Sehr. Ich kann mir heute nicht vorstellen, dass unsere Gesetz- und Verordnungsgeber in Brüssel und Straßburg den Verbraucher so einschränken, dass man ihm die Wahl seiner Services, Dienste, seiner Werkstatt und seiner Datenströme nimmt. Dazu ist der After-Market zu groß, um auf ihn wirtschaftlich und im Sinne des Autofahrers verzichten zu können.  

Bei der Online-Wissensplattform „repair-pedia“ ist eine Kooperation des ZKF mit dem Kfz-Gewerbe im Gespräch. Wie kann die Zusammenarbeit aussehen und welche Vorteile hätte das für Betriebe?

Recht einfach. repair-pedia hostet und scannt als intelligente Suchmaschine rund 4,5 Millionen Reparaturdokumente und -anleitungen. Repair-pedia wird im Bereich Karosserie- und Lack sehr intensiv von den Werkstätten genutzt, wir machen aus Gemeinkosten für Reparaturdaten direkt verrechenbare Informationen und helfen damit den Betrieben. In der Zusammenarbeit mit dem Kfz-Gewerbe würden wir den Namen und das CI für das Kfz-Gewerbe anpassen und die Auswahl der Datenanbieter auf die Bedürfnisse des Kfz-Mechatronik-Bereiches anpassen. Dann sollten noch spezifische Dokumente aus dem Verband und seinen Organisationen „getankt“ werden und das Kfz-Gewerbe, aus meiner Sicht seine Landesverbände und seinen Innungen, hätten eine spezifische und passende Reparaturdokumentendatenbank. 

Digitalisierung ist in aller Munde, manche Betriebe sind weiter als andere: Was sollten die tun, die noch nicht so weit sind?

Das ist sehr schwierig zu beantworten. Für den Karosserie- und Lackbereich gesprochen ist unbedingt zu empfehlen, sein internes EDV-System für einen kompletten elektronischen Austausch mit dem Sachverständigen, Rechtsanwalt, Versicherung und dem Kunden fit zu machen. Elektronischer Rechnungsversandt, Versendung von Kostenvoranschlägen und Reparaturfreigaben gehören dazu. Aktuell im Trend sind Kundenportale für Terminvereinbarung und Tracking des Reparaturfortschrittes mit Bildern an Kunden und Flotten. Wir im ZKF kämpfen für einheitliche Schnittstellen, Datenbanken und Kommunikationswege, dass unsere Werkstätten nicht x verschiedene Portale bedienen müssen, sondern möglichst nur ein Standartportal. 

Die Zusammenarbeitet Ihres Verbandes mit dem Kfz-Gewerbe bedeutet für Sie…

Kompetenzen bündeln, Interessen vereinen und gemeinsam die Branche vertreten zu können.