ZKF

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Mittwoch, 23. Juni 2021

Grundsatzrede 2021

ZKF-Präsident Peter Börner

15 Monate Ausnahmesituation, das kannte ich bislang nur von meiner Bundeswehrzeit `85 - `86. So lange befinden wir uns nun in einer nie für möglich erachteten Situation. Wer hätte das gedacht, dass einmal eine Krankheit die Welt in allen Bereichen lahmlegt. Die neue Trend-Krankheit jetzt, nachdem nun etwas Licht am Ende der Pandemie zu erkennen ist lautet FOMU - Fear Of Meeting Up „Die Angst sich wieder zu treffen“. Die nächsten Wochen werden uns zeigen, wann wir uns wieder und vor allem wie treffen werden. Ob alles wieder so wie vor 2020 wird, bleibt abzuwarten, ich glaube sowohl Corona als auch FOMU wird uns noch eine Weile begleiten.


Die Situation der Betriebe war und ist noch immer sehr unterschiedlich, wir haben von „keine Auswirkung“ bei kleinen ländlichen Kollegen, starke Unterschiede zwischen Privat und Flotte auch bei Partnerbetrieben der Versicherung, Kurzarbeit und bis zu -40% Umsatz, bis Vollbeschäftigung, volle Auslastung. Auftragseinbruch im Nutzfahrzeugneubau Lieferengpässe von Material und Fahrzeugen. Im Grunde können wir über die 15 Monate hinweg, mit einem Auftrags- und Umsatzeinbruch von etwas über 20% in der Reparatur sprechen. 

Im Nutzfahrzeug sieht das noch schlimmer aus: „Fertigung im August 2020 für 2 Wochen geschlossen“, „Über 3 Monate wurden keine Fahrgestelle angeliefert“ „50% Kurzarbeit über mehrere Monate“. Das geht nicht spurlos an der Branche vorbei. Die ersten Insolvenzen sind aufgetaucht und bedeuten nichts Gutes.  Bedingt durch die Pandemie, hatten immer mehr Fahrzeugbauer ab März 2020 Probleme, nicht weil keine Aufträge vorlagen, sondern weil keine Fahrzeuge mehr geliefert wurden. Die Werke wurden auf Grund der hohen Infektionen geschlossen, fertig produzierte Fahrzeuge kamen nicht über die Grenze. Das bestellte Material türmte sich förmlich bei den Betrieben auf, die Rechnungen der Lieferanten gingen ein, jedoch konnten keine Kundenrechnungen erstellt werden, da nichts fertig gestellt werden konnte. Hinzu kommt, dass sehr viele Kollegen von sehr großen Problemen aus dem Bereich der Fahrzeugzulassungsstellen berichteten: geschlossen, Terminvereinbarung, Monate Wartezeit. Fahrzeug nicht zugelassen bedeutet für viele Betriebe, dass Sie auch kein Geld bekommen, da keine Übergabe an den Kunden stattfinden konnte. Ab Juli/August kamen wieder Fahrgestelle und es konnte weiter gehen. Heute, im Jahr 2021 nach einem guten Start, begann es ab März 2021 mit den ersten Ankündigungen auf Preiserhöhungen. Holz und andere Materialen begannen zu steigen. Bei den Herstellern sprach man von einer Halbleiter- und Chipkrise, sodass sie erneut ihre Werke schließen mussten, teilweise über 2 Monate komplett. Diese Woche dann die Nachricht: Fast alle Autohersteller schicken wieder Tausende von Mitarbeiter in Kurzarbeit, die Lieferketten sind ausgedünnt. Ford, so Vizepräsident Evels, liefert Fahrgestelle Transit erst wieder 2022 aus. Eine Kalkulation der Fahrzeuge und Aufbauten mit einem Liefertermin für den Kunden ist somit fast unmöglich geworden. Zitat von Vizepräsident Claus Evels: „Wir fallen somit von der einen Krise in die nächste, wo dann zum Teil der typische Handwerker über sich selbst hinauswachsen muss, wenn er kann!“ 

Das alles ist aber unverschuldet über uns hereingebrochen und in unserem staatlichen Umfeld gibt es zum Glück zu unserer Erleichterung das Kurzarbeitergeld und die ein oder andere Hilfe vom Staat, ohne die es noch wesentlich mehr Insolvenzen geben würde, als jene, die wir zu verzeichnen haben. Das Referat Nutzfahrzeuge im ZKF lässt sich aber nicht bremsen und wir können feststellen, dass hier ausgezeichnete und umfassende Arbeit -gerade jetzt- für das Mitglied in diesem feinen Bereich geleistet wird. Das ganze Thema Caravan ist hier ebenso beheimatet, viele wichtige und interessante Lehrgänge, die Foren Fahrzeugbau in Würzburg, Neubaumessen und die Themen, die beide Bereiche betreffen, Diagnose, Programmieren und E-Mobilität. Übrigens, die erste Online-Messe Fahrzeugbau fand hier statt, Innovation wo man hinsieht.  

Insoweit bin ich stolz, dass wir ein so intensives Fachreferat haben, welches mir bei der Arbeit im ZDK sehr oft gelegen gekommen ist. Wenn -wie in der Vergangenheit- hin und wieder die Diskussion beginnt, „wir Karosserie seinen doch Wettbewerber mit dem Kfz-Gewerbe“ und wollten nur die AU-Prüfungen haben, dann nutze ich gerne dieses Beispiel Nutzfahrzeuge dazu: Kfz-Gewerbe Nutzfahrzeug = Service, Bremse, Motor. ZKF Nutzfahrzeuge = Fahrgestellverlängerung, Konstruktion, Aufbau, Einzelabnahme. Völlig verschiedene Aufgaben und Kernbereiche. Gleiches gelang mir oft mit dem Thema Oldtimer: Kfz-Gewerbe = Vergasereinstellung und Wartung, wir Rohkarosse auf Richtbank. Mit den Rechtfertigungen ist ohnehin Schluss, der ZKF ist in Bonn angekommen und muss sich nicht mehr verteidigen, warum es ihn gibt. Wir können die Synergien nutzen, unser Wort in Berlin und Brüssel erheben, und mit einer größeren Stimme sprechen. Gerade Vorgestern, ein eindrückliches Beispiel mit der gemeinsamen Ausschusssitzung Karosserie, die es ebenso seit Jahren im Referat Berufsbildung gibt. Zusammen erreichen wir einfach mehr.

Geschätztes Mitglied: Ich habe die letzten Monate für mich ein paar Fakten zusammengetragen, die mich und ich glaube, die gesamte Branche bewegen: 

FAKT 1 

Die uns bekannten Regeln haben sich verschoben, Versicherungen geben seit 2020 keine 100% plus x% für Schäden aus, wobei die 100%, also die Einnahmeseite aus meiner Sicht schon immer das Problem war und nicht die Schadenkostenseite. Versicherungen sind wegen des hohen Wettbewerbs einfach zu günstig bei uns in Deutschland, auch im Vergleich mit anderen EU-Ländern. Deshalb muss an den Kosten gespart werden. Nein, die Versicherungen geben nun das zweite Jahr in Folge deutlich weniger aus, es passieren ja auch weniger Schäden. Überschüsse werden den Kunden ausgezahlt, an den Schadenkosten wird weiter gespart und unberechtigterweise mit irrwitzigen Argumenten gekürzt. Die deutliche Ansage des Landgerichts in Coburg letzte Woche, ist für mich ein Beweis dieser Aussage, ich zitiere aus der Presse: Dem Landgericht Coburg ist Anfang Juni wohl endgültig der „Kragen geplatzt“. Die Richter haben mit einer Verfügung ein „Machtwort“ zu Klagen unter anderem wegen Corona-Schutzmaßnahmen gesprochen. 

Wir brauchen vertrauensvolle Abrechnungen und fachliche Akzeptanz auf Augenhöhe. Die Rechnungskürzer stören uns dabei. 

FAKT 2 

Ein Kalkulationsanbieter steigt in das Teilegeschäft ein. Ich habe ohnehin nie verstanden, warum eine Versicherung zum Ersatzteilhändler wird und die Werkstätten dann bei einer Versicherung die Ersatzteile kaufen, die sie dann dorthin berechnen. Kann die Versicherung doch gleich beim Lieferanten die Rechnung zahlen! Eine Frage der Zeit! Aber, das ist nicht das Thema: Jetzt hat auch der Kalkulationsanbieter erkannt, dass am Ersatzteil in der Vermittlung ein paar Prozent Provision einzubehalten sind. Übrigens, genau dafür haben die Werkstätten vor 23 Jahren die EUROGARANT AutoService AG gegründet. Das nur am Rande zur Info. Mit einer kleinen Software allein und mit dem Wissen, wie es der Wettbewerber macht, wird man ganz schnell zum Disruptor. Also zu Check24, HRS oder Airbnb. Durch eine gute Integration in das eigene System, dann am Ende sogar besser positioniert, weil andere ausgegrenzt oder ausgebremst werden. Vermutlich sogar Gewinner in diesem Spiel der Vermittler, Dreistigkeit siegt, die letzten werden die ersten sein. Hütet euch liebe Werkstätten, vor der Monopolisierung und Vormachtstellung einzelner Marktbegleiter, dass nimmt kein gutes Ende.

FAKT 3 

Versicherungen und Schadenlenker wollen nicht nur an die Ersatzteile, möglicherweise zur Auswahl der Quelle und Qualität und Herkunft, sie wollen auch an den Kalender der Werkstatt. Warum: Öffentlich deshalb, um dem gelenkten Kunden ein „Erlebnis“ zu bieten, also eine digitale Terminvergabe für ersten Termin, dann noch Reparaturabgabe und -fertigstellung. Genial, das ist Digitalisierung und grundsätzlich zu begrüßen. Los geht´s. Unseren Verbandsansatz vor genau 6 Jahren, über DAT und Fairgarage die eigene Werkstattleistungen zu präsentieren, vorzustellen und den Termin für die Fahrzeugbesichtigung und auch gleich die Reparatur online zu buchen, hat leider keiner genutzt, wurde sträflich missachtet. Jetzt droht der Schadenlenker, mit Liebesentzug: „wenn Du nicht machst, dann…“ und fast alle laufen hinterher und machen mit. Leider. Mal wieder der neutrale Verbandsansatz gescheitert, Aufträge siegen, wobei das digitale Autohaus halt eben Autohaus bleibt und nicht Werkstatt ist. Ich muss an dieser Stelle als Verband so weit gehen und die Verhältnisse in Dänemark und Schweden aufzeigen. Da bucht die Versicherung den Reparaturauftrag in das System der Werkstatt ein, weil sie freie Kapazitäten und Ressourcen über die Systeme einsehen kann. Samt Mietwagen, Ersatzteilbestellung, Rechnungserstellung und Termine. Ich vermute und befürchte, genau das wird das Ziel dieser Aktion mit dem Kalender sein. Nicht den Kundentermin, den Reparaturabgabetermin, nein, die Ressource in der Werkstatt, Mitarbeiter, Urlaubsplanung, Hebebühne, Ersatzfahrzeug und gleich die BWA aus diesen Angaben erstellen. In wenigen Jahren, wenn ich dann noch hier stehen kann und darf, nehme ich diese Worte nochmals auf.

FAKT 4 

Seit dem Januar 2021 gilt im Konzern Volkswagen eine andere Marschrichtung als bisher. Wurden bis 2020 die Freien Werkstätten mit dem Konzept NORA bessergestellt, als die Kunden am Ersatzteilschalter, ist seit Januar 2021 für Original Ersatzteile Schluss damit. Der Volkswagen Konzern „betraft“ seine Händler, wenn sie Geschäfte mit Freien Werkstätten und Original Ersatzteilen machen. Aber nur dann, wenn es ein „design Geschützes Ersatzteil“ -ein Scheinwerfer, Kotflügel, Grill- ist, also ein Exklusivteil ist. Nicht bei einem Endschalldämpfer oder einer Wasserpumpe, da sind 60-70% Rabatt keine Seltenheit. Wer da Strategie, Politik und Ausübung von Marktmächten hinter vermutet, der ist auf meiner Seite. Verhandlungsspielraum = Keiner! Sind wir nun wieder unverschuldet betroffen und müssen mit weniger Marge zurechtkommen? Warum, weil VW Märkte beeinflusst? Nein: Die Lösung ist doch ganz einfach. UPE Teileaufschläge. Es gibt hunderte von Urteilen, das UPE Teileaufschläge völlig nochmal und gang und gäbe sind. Ganz im Gegenteil, einige Gerichte sprechen davon, dass alles andere im Freien Markt möglicherweise sogar ein Kartell sei. Mein Aufruf heute an die Branche: UPE Teileaufschläge kalkulieren und berechnen. Die Interessensvertreter der Partnerbetriebe an einen Tisch holen und die Teileaufschläge auch bei den gelenkten Schäden besprechen, alles andere ist ein Stück Unvernunft und wird auf Dauer nicht funktionieren.

FAKT 5 

Zur explosiven Erhöhung der Lackmaterialien, können die Lieferanten und hiesigen Reparaturlackhersteller auch nichts. Wir Reparaturbetriebe aber auch nicht! Die Rohstoffpreise steigen und die Lackhersteller sind nicht in der Lage die Materialpreiserhöhungen selbst zu decken. Wir aber? Die Werkstatt trifft es wieder extrem. Das Thema hat aktuell aus zweierlei Hinsicht eine hohe Bedeutung: Bis beim AZT die Materialpreise angepasst werden, wird es noch mindestens 3-4 Monate dauern. Lösung: genau dafür gibt es unter anderem den Lackmaterialindex, also neu kalkulieren und berechnen. Steht alles im Vorwort Lack AZT oder bei eurem repair-pedia. Bei einigen Versicherern bekommt die Werkstatt für ihre erbrachten Arbeiten KEINE Lackmaterialkosten

erstattet. Das muss man sich jetzt mal vorstellen, was das a. für die Werkstatt bedeutet, das Material kostenlos mitzubringen und b. -viel schlimmer- für den 

Wettbewerb in der Schadenlenkung! Der Abstand im Wettbewerb wird größer.  Also unser Ratschlag: Lackindex neu berechnen und dieses Mal in dieser Reihenfolge anwenden: HUK, Innovation, riparo, DMS, AFC, et cetera und wenn er dort überall bezahlt wird, dann auch in eurer AG. Nicht andersrum wie sonst gerne, bitte nicht.

FAKT 6 

Das nächste Stichwort ist Fachkräftemangel. Haben wir in den letzten Monaten unter der Pandemie gespart, um das Unternehmen am Leben zu erhalten, so haben wir gleichzeitig und langfristig auch die Zukunft des Unternehmens beeinflusst. Wer in der Krise investiert, in Ausbildung und Personal, geht gestärkt aus der Krise heraus, wenn man es kann. Viele haben keine Auszubildenden eingestellt, keine Weiterbildung durchgeführt und keine neuen Investitionen in Werkzeuge getätigt. Jeder heute nicht ausgebildete junge Mensch, fehlt uns morgen in der Werkstatt. 2020 wurden insgesamt 11,2% weniger Ausbildungsverträge geschlossen als noch 2019. Wir sind mit -6% betroffen und das ist schon zu viel. Das ist und darf kein Vorwurf an die Betriebe sein. Wir müssen aber darauf hinweisen, dass uns jährlich mehr Menschen in die Rente und andere Arbeitgeber abwandern, als neue hinzukommen.

FAKT 6 

Auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen, was ich jetzt anspreche. Der Wandel in der Gesellschaft ist da. Zum Beispiel: Ich will mich nicht mit den Grünen beschäftigen, das machen die Medien. 12 Cent auf den Kraftstoff nach der Wahl, jede Partei hat Umweltschutz in ihrem Programm. Die Gesellschaft fordert die Parteien, sich dem Thema Umwelt anzunehmen und sich diesem zu stellen. Pariser Klima-Abkommen als Stichwort. Ich bin für Klimaschutz im Einklang mit unseren wirtschaftlichen und industriellen Interessen, um das mal klarzustellen. Aber: wir müssen feststellen, dass Umwelt, Friday, Neubauer, Grüne in der Tagesschau angekommen sind und das wird zu Veränderungen führen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Diese Veränderungen, werden wir spüren: Heute suchen sich von rund 45% der Neuwagenkäufer, die privat kaufen also etwa 1,5 Millionen Fahrzeugen und fast allen Gebrauchtwagenkäufern, also nochmals etwa 6 Millionen Menschen, jeder seine Versicherung selbst aus. Beim Wandel der Gesellschaft und der zunehmenden Veränderung der Mobilität, werden das jedes Jahr weniger. Car-Abo-Modelle, Car-Sharing, Agentur-Modelle, Mobilitätsangebote sorgen dafür.  Also: jedes Jahr weniger Menschen, die ihre Versicherung und damit auch ihre Werkstatt aussuchen. Dann ändert sich noch die Technologien im Antrieb. Aus Benzin und Diesel werden erst batterieelektrische und dann wasserstoffbetriebene oder synthetische Kraftstoffe als Antriebe, weitere Energieträger werden kommen. Das ist so weit nicht schlimm, denn wir haben vom Stroh, also vom Pferd mit Kutsche, auf Alkohol, dann Benzin und Diesel mitbegleitet, warum soll uns dann das mit dem Akku und dem neuen Antrieb nicht auch gelingen. Aber, hier ist für uns im Verband schon heute Aufmerksamkeit gefragt, denn in wenigen Jahren werden wir ganz andere Kunden und vielleicht andere Arbeiten in den Werkstätten zu verrichten haben.  Wir werden diese Veränderungen genau verfolgen und bleiben aufmerksam. 

FAKT 7 

Weiter geht es mit dem Drang zur Digitalisierung, also zu Investitionen in die Zukunft, die irrwitziger Weise in den großen Fällen nicht vom Unternehmer selbst kommen. Nein: der Schadenlenker und Auftraggeber schreibt -mehr oder weniger- vor, welcher Kalender, welche Schnittstelle, welches Teilebestellsystem und was auch immer vom Betrieb gekauft werden muss, soll, kann! Ich sprach bereits darüber. Mein Bäcker, Maler, Gärtner, Schornsteinfeger, Metzger, Gas-Wasser-Klima-Handwerker, Bestatter, Schuster, Elektriker, entscheidet jeder selbst, welchen Stundensatz er verrechnet, liest auf dem Stundenzettel selbst ab wie viel Zeit er für seine Arbeit gebraucht hat und welchen Onlinekalender er verwendet. Wir in allen Fällen nicht. Die Industrie schreibt uns die Stunden auf, die Versicherungen den Stundensatz und der Schadenlenker gleich noch die Software und die Einkaufsquelle für die Ersatzteile und damit sogar die wichtige Marge daran. Sind wir noch eigenständige Handwerker? Wann sind die andren Handwerke anders abgebogen als wir? Was ist da schiefgelaufen? Wären wir besser bei den Autohäusern als Lieferanten geblieben? Und wenn wir dann unsere Arbeit erledigt haben, kommen die Geister der „ich weiß es aber besser“ -Fraktion: Die Rechnungskürzer, mit Anmerkungen wie: gehört in die Gemeinkosten, war nicht erforderlich, wurde nicht benötigt. Was in die Gemeinkosten gehört entscheidet der Betrieb und niemand anderes! Wir sollten, wenn die Kartusche Scheibenkleber leer ist, die Scheibe halt nur halb einkleben und dem Kunden schriftlich mitteilen: „Deine Versicherung zahlt nur einen Teil der Verklebung der Frontscheibe. Somit haben Sie jetzt immer Frischluft bei der Fahrt und sollte das Wasser im Innenraum mal bis zur Frontscheibe oder quasi zum Hals steigen, kann es jetzt dort sicher ablaufen“.

Jüngste Idee der Kosteneinsparung bei Versicherungen: Die Bieterplattform für Unfallteile! Da kommt eine Wrack-Bieter-Webseite und meldet der Werkstatt, sie hätte einen Aufkäufer der verunfallten Frontverkleidung, also dem verunfallten Altteil und der Käufer würde in 4 Tagen kommen und 250 Euro dafür zahlen. Die 250 werden natürlich sofort von der Rechnung abgezogen.  Auweia. Wer kommt auf solche Ideen? Ist es wirklich so weit, liebe Versicherung, kaputte Teile an Wiederaufkäufer per Bieterplattform zu verkaufen? Müssen wir sammeln gehen? Unser Tipp an dieser Stelle für Werkstätten: Lager- und Bereitstellungskosten berechnen 4,90 netto pro Tag halte ich für angemessen Name und Adresse des Käufers notieren, Sachmangelhaftung ausschließen, Übergabeprotokoll mit dem Hinweis und der Unterschrift des Käufers: „Die Verwendung dieses Ersatzteiles ist innerhalb der Europäischen Union wegen erheblichen Einschränkungen in den Eigenschaften nicht mehr zulässig. Eine Aufrechterhaltung der ursprünglichen Eigenschaften des beschädigten Ersatzteiles kann nicht gewährleistet werden.“ Im Keim ersticken, dieses Thema! 

FAKT 8 

Was kommt morgen, was fällt dem „BVR“, also dem „Bundesverband der Rechnungskürzer“ sonst noch so ein, um uns zu schikanieren? Stimmt, ich hätte da noch was: Die Allianz kauft ControlExpert. Wow, eine Versicherung kauft einen Rechnungskürzer. Die wiederum, also ControlExpert, verkaufen an Versicherungen eine „Schwarze Liste“, so zumindest ein vorliegendes Beispiel bei unserer Presse, was ohnehin unsere und meine Vermutung seit Jahren ist.  In dieser Liste scheint geschrieben zu sein, wie jede einzelne Werkstatt auf Kürzungen reagiert. Also von „reagiert nicht“, dann los mit Kürzung bis „versteht kein Spaß“ also da kommt sofort Mahnbescheid und Anwalt. Ist datenschutzrechtlich vermutlich kein Thema, denn eine natürliche Person ist dabei augenscheinlich nicht betroffen. Zurück zur Allianz, warum kauf die ControlExpert? Wegen der fortgeschrittenen Entwicklung in der künstlichen Intelligenz, KI, wie man anhand von einem Bild, oder von Sensordaten aus dem Fahrzeug oder anderen verwendbaren Unterlagen, einen Schaden kalkulieren kann. Das war der Versicherung ohnehin 100 Jahre lang ein Rätzel, warum Sachverständige und Werkstätten den Wert vorgegeben haben, den sie bezahlen müssen. Damit ist dann, bald, vielleicht Schluss, die Versicherungen rechnen sich das selbst aus. So zumindest der Wunsch. Ob die KI-Maschine Beilackierung, Kleinteile, Erschwernis oder Fehlerauslese kennt, wage ich zu bezweifeln. Der fiktive Kunde wird sich womöglich damit zufriedengeben, für den Einsatz in der konkreten Reparatur bringen wir unsere Zweifel an. 

Das -und noch vieles mehr- liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die aktuellen faktischen Voraussetzungen unserer Branche. Fast alles fremdbestimmt und gesteuert. Einen Fakt habe ich noch, der ist aber hausgemacht: Da qualifiziert sich eine Werkstatt zu einem Caravan-Fachbetrieb unter den strengen Voraussetzungen des Verbandes und einigen Prüforganisationen. Eine sehr gute Maßnahme, wie wir alle meinen. Leider nur bis dahin, bis ein Schadenlenker per E-Mail-Rundschreiben kommt und der Werkstatt anbietet, einen Caravan in die Werkstatt zur Reparatur zu bekommen. Das ohne Verhandlungsmöglichkeiten zum bekannten günstigsten Stundensatz, welcher auch für die PKW-Reparatur verhandelt wurde. Mehr muss ich nicht sagen! Die Errungenschaften und Investitionen werden einfach zum Standardkurs und somit unter Wert verkauft. Das frustriert und enttäuscht. Nun stellt sich doch für uns die Frage wie kommt den ein Berufs- und Wirtschaftsverband, in diese Zeit mit seinen Aufgaben klar? Kennt er seine Aufgaben, waren die das? Machen wir das Richtige? Hätten wir das machen sollen und müssen oder was anderes? Wenn ja, was anderes? Was sollen wir sein? Berufsverband oder Gewerkschaft? Arbeitgeberverband oder Verhandler mit Schadenlenkern? Richtlinien-Verordner oder Stundensatz-Verhandler?

In erster Linie müssen wir mal das machen, was die Mitglieder von uns wollen. So meine Überzeugung. Was wir da alles machen, steht im Jahresmagazin, welches dieses Jahr zum zweiten Mal an ALLE Betriebe mit der Post versendet wurde. Das was wir nicht machen, aber dringend machen müssen, das steht da nicht drin und dass müsst ihr uns unbedingt sagen!

Ich würde mich freuen, wenn wir über die Ausschüsse, Innungen, Landesverbände noch mehr in den Dialog mit den Betrieben einsteigen könnten und wir noch mehr an der Basis unsere Leistungen ausrichten können. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht mir richtig viel Freude, denn es gäbe noch einiges zu bewegen. Das mache ich sehr gerne und es macht noch viel mehr Spaß und auch Sinn, wenn ich die gute Zusammenarbeit mit dem ZDK, der BFL aber auch der Werkstatt Werte Union und in den letzten Monaten ganz intensiv, mit dem BVdP aufführe. Ich habe in den 10 letzten Jahren noch nie so oft und zielführend mit dem BVdP gesprochen und agiert als in den letzten 12 Monaten. Sachlich, offen, zielführend. Wir stimmen uns ab, wir klären uns auf, schildern unsere Probleme und Lösungen und agieren dann auch miteinander und abgestimmt. Bestes Beispiel, -und davon gibt es einige- das Fachbetriebsschild Elektromobilität. Analog unserem Caravan Fachbetrieb, auf Basis der technischen Ausstattung des Betriebes und fachlicher Qualifikation der Mitarbeiter, nun eine neue Qualifizierung zum Thema E-Mobilität: Ich darf ich heute den Startschuss für ein weiteres und ergänzendes Schild, dem des E-Mobilität Fachbetriebes geben. In Zusammenarbeit mit dem ZDK und BVdP ist es uns gelungen, die Interessen einzubringen, einen Standard zu definieren und einem drohenden Schilder-Wirrwarr von Schadenlenkern, Versicherungen, Prüfdienstleistern und anderen Dritten vorzubeugen. Wir sind erster! Zu dritt, 40.000 Betriebe und setzen den Standard. Im ZKF in Anlehnung an die bestehenden Schilder, gibt es bei entsprechender technischer Ausstattung und den gesetzlichen Qualifikationen schon bald das neue Schild und jeder aus der Branche, kann sich daran orientieren, wo die Kompetenz der Reparatur auch in der Elektro-Mobilität zuhause ist. Diese Botschaft geht einher mit der dringenden und weitreichenden Bitte: Diese Qualifikation, ebenso wie die der Caravan Reparatur, bitte nicht unter Wert zu verkaufen. Die Betriebe haben investiert in neue Ausstattung und Qualifikation. Das kann es nicht zum Sonderpreis der Pkw-Reparatur im gelenkten Geschäft geben! Wenn der größte Schadenlenker immer den geringsten Preis zahlt, bleibt am Ende nur einer übrig. Wir hätten selbst ein Monopol erzeugt, welches uns schadet und das kann doch wirklich nicht unser Ziel sein. Die nächste und großartige Errungenschaft und das wird eine besondere Aufgabe. Ihr seht, es geht Schlag auf Schlag: Eine neue Fachrichtung in unserem Beruf, der Karosserie- und Fahrzeugbauer, Fachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik. Die dritte Säule. Alle Berufsverbände müssen um den Erhalt ihrer Berufe kämpfen und fürchten, der ZKF wird vom Gesetzgeber einen neuen verordnet bekommen. Sensationell!!! In Zusammenarbeit mit der Industrie, die übrigens einmal im ZKF organsiert und dann in den Caravaning Industrie Verband e.V. übergegangen ist, ist uns das gelungen. Eine Auszeichnung unserer Arbeit und Vielfältigkeit unseres Berufes, Neubau, Caravan, Reparatur, Stahl, Alu, Carbon, Kunststoffe, Schrauben, Schweißen, Kleben, Clinchen, Wasser, Gas, Strom, Holz. Kein anderer Beruf hat mehr an Fähigkeiten und Vielfalt zu bieten. Ich bin stolz darauf, Karosserie- und Fahrzeugbauer zu sein. Eine große Aufwertung unseres Handwerks, bleibt informiert, wie es in dieser Sache weitergeht. 

Ich sprach schon von Wandel in der Gesellschaft und den technischen Fortschritten im Auto. Sollte es einmal zu Stufe 4 und 5 in den autonomen Fahrzeugen kommen, also zu tatsächlich fahrerlosem Verkehr, wie sieht es dann bei den Unfällen aus? Glaubt jemand, diese Stufe 4 und 5 Fahrzeuge fahren schneller als 130 km/h? Gut, das steht alles noch zur Frage, wann, wo, wie schnell. Fakt ist aber, die Fahrzeuge gehen heute in diese Richtung. 4 Giga-Byte pro Stunde erzeugt so ein Fahrzeug nach Aussage des Herstellers und das muss alles gelesen, ausgewertet und verwendet werden. Für die unter uns, die noch wissen was Disketten sind: 4 Giga-Byte sind so rund 4.000 Disketten oder 8.000 Floppy-Disk. Pro Stunde pro Fahrzeug! Ich bin überzeugt, wir müssen uns heute damit beschäftigen, wie kommt die Werkstatt, an solche vom Fahrzeug generierte Daten, also nicht die 4GB / Stunde, sondern wie kann man daraus Informationen machen also Aufprallsensor 5-10 km/h hat ausgelöst und wie machen wir ein Business daraus also auf den Bildschirm: „dumm gelaufen, komm zu uns“. Diese Beispiele zusammen mit vielen anderen Leistungen rund um das Thema Mobilität, fassen wir in Friedberg gerade in einem Paket zusammen, welches uns allen in der Zukunft wesentliche Aufträge liefern wird. Wir nennen es MOSES „Mobilitäts-Services“ und unsere neue Plattform numinos. Wir wollen in den Betrieben ein viertes Standbein schaffen, welches in die Lage versetzt, mitspielen zu dürfen. Laut einer Studie im Auftrag der LBBW und einigen Autoherstellern, wird in 20 Jahren in der gesamten Automobilbranche mehr Umsatz und Ertrag an den Mobilitäts-Leistungen erwirtschaftet als an der Herstellung, dem Vertrieb, der Finanzierung, der Reparatur und was auch immer. Wir können Teil davon sein, denn im Rahmen der Evaluierung der Europäischen Kommission wurde festgestellt, und hier der originale Wortlaut der Europäischen Kommission dank unermüdlicher Verbandsarbeit von ZDK, AIRC, GVA, ASA und dem ZKF: „dass viele zugelassene Werkstätten über beträchtliche lokale Marktmacht verfügen und dass der markeninterne Wettbewerb innerhalb der Netze der zugelassenen Werkstätten durch strenge und detaillierte Qualitätskriterien beschränkt zu sein scheint“.  „Der Evaluierung zufolge können unabhängige Werkstätten jedoch nur dann weiterhin erheblichen Wettbewerbsdruck ausüben, wenn sie Zugang zu wichtigen Vorleistungen wie Ersatzteilen, Werkzeugen, Schulungen, technischen Informationen und fahrzeuginternen Daten haben„. Wow, das sagt Brüssel nach allen Anhörungen. Ein Etappensieg nach vielen Jahren Arbeit. Uns zeichnet aber in Friedberg aus, dass es uns gelingt, aus solchen, Marktentwicklungen teilzuhaben und Produkte daraus zu machen. 

Ja, Märkte verändern sich, was vor 24 Jahren erfolgreich und nachgefragt war muss nicht heute Erfolgsmodell sein. Vielleicht braucht es 5 Kalender für 5 Schadenlenker und der Annahmemeister muss dann halt 5 Arme haben. Ja, so ist das Geschäft und Wettlauf, um jeden Cent, um jede Aufmerksamkeit, um den einen Auftrag. Um aber Gewinner zu sein, das entscheidet zuletzt der Kunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Der Geschäftsstelle, dem ZKF-Vorstand, den Landesinnungsverbänden und Innungen, dem EUROGARANT AutoService AG Vorstand, Aufsichtsrat und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den vielen Organisationen, Partnerverbänden, Instituten, Datendienstleistern, Softwareunternehmen, Freunden der Branche, Lieferanten, besonders unseren Sponsoren sage ich auf diesem Weg vielen Dank für die gute Zusammenarbeit, für das Vertrauen und die vielen guten Ideen und initiativen. So schlimm wie der ein oder andere Absatz meiner Rede, klingen mag, ist es vielleicht doch nicht, und somit auch Dank an die Versicherungen, Schadenlenker und die Rechnungskürzer unserer Branche. Mit trüben Aussichten in der Rede und dann in den Gedanken, ist Aufmerksamkeit aber stärker erreicht und einmal im Jahr, muss und darf der ZKF eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit erhalten. Er darf auch mal „überziehen“ in der Bedeutung und der Zeit. Danke für diese Aufmerksamkeit, wir packen es jetzt wieder an und versuchen eine bessere Branche entstehen zu lassen. 

Herzlichen Dank fürs zusehen und -hören euer ZKF-Präsident Peter Börner