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Donnerstag, 17. Dezember 2015

Kein Konsens beim Thema „Beilackierung“

Die IFL e.V. wird heute eine Mitteilung veröffentlichen, die ich wegen ihrer Wichtigkeit hier bloggen möchte: Kein Konsens beim Thema „Beilackierung“


Seit längerer Zeit besteht innerhalb der am Unfallschadenprozess beteiligten Kreise Uneinigkeit über das Thema „Erforderlichkeit der Beilackierung von Fahrzeugen im reparierten Teil und/oder einem angrenzenden Karosserieteil“.

Bereits im IFL-Merkblatt „Unterschiede zwischen Serien- und Reparaturlackierung“ aus dem Jahr 2014 wurde sehr deutlich ausgeführt, dass insbesondere bei modernen Farbtönen eine Beilackierung fast unumgänglich ist, um Farbunterschiede für das menschliche Auge unsichtbar zu machen. Nach Aussagen von Lackierfachleuten muss in den meisten Fällen bei 2-/3- und 4-Schicht-Metallic-Farbtönen beilackiert werden, um ein optisch einwandfreies Ergebnis und somit eine vollständige Wiederherstellung des direkt vor dem Schaden vorhandenen Zustandes zu erzielen.

Das versicherungsnahe Allianz Zentrum für Technik (AZT) hingegen hatte bereits in einem AZT-Merkblatt aus dem Jahr 2008 (Merkblatt für Ausbesserungen für Uni- und Effektlackierungen) festgestellt, dass „… die Entscheidung über eine Beilackierung von angrenzenden Teilen … vom ausführenden Lackierfachmann anhand der von ihm gespritzten Farbmuster getroffen … wird. Diese Entscheidung ist, soweit dies möglich und zumutbar ist, mit dem Auftraggeber, dem Sachverständigen oder der Versicherung abzusprechen.“

Diese Aussage ist nicht realitätsnah. Die Verbände der Kfz-Reparaturbranche, Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) und auch die Bundesfachgruppe Fahrzeuglackierer (BFL) haben immer wieder deutlich gemacht, dass direkt vor Beginn der Lackierarbeit, also bei schon angemischter Farbe und vorbereitenden Tätigkeiten, der Lackierfachmann zwar generell über die Erforderlichkeit der Beilackierung entscheiden kann, dies aber aus Zeitgründen nicht mit dem Kunden, dem eingeschalteten Kfz-Sachverständigen oder der leistungspflichtigen Versicherung abstimmen kann. Somit ist die Formulierung im AZT-Merkblatt überarbeitungsbedürftig, damit sie praktisch anwendbar und umsetzbar ist.

Aus Sicht der Sachverständigenverbände, wie z. B. BVSK, hat bereits bei der Erstellung des Gutachtens der Kfz-Sachverständige aufgrund des Prognoserisikos möglichst genau den tatsächlichen Reparaturumfang zu bestimmen. Wenn der Kfz-Sachverständige somit eine Beilackierung im konkreten Lackierprozess für erforderlich hält, dann ist die Beilackierung im Sachverständigengutachten aufzunehmen und vom leistungspflichtigen Versicherer zu bezahlen. Dabei ist es für das technische Ergebnis völlig unerheblich, ob es um einen Haftpflicht- oder um einen Kaskoschaden handelt.

Die Kfz-Versicherungswirtschaft hingegen möchte die Kosten der Unfallreparatur möglichst gering halten und hat sich insbesondere über das Allianz Zentrum für Technik sehr stark damit argumentiert, dass die Beilackierung eher der Ausnahmefall ist. Laut AZT-Eigenerhebungen sei in der Vergangenheit eine Beilackierung nur in maximal 20% der Fälle in Sachverständigengutachten oder Reparaturrechnungen aufgeführt worden.

Die unterschiedlichen Standpunkte der am Schadensprozess beteiligten Gruppen führten zur Gründung eines AZT-Arbeitskreises Beilackierung. In insgesamt vier Sitzungen, die letzte fand am 09.12.2015 statt, wurde Konsens gesucht, damit ein praktikabler Verfahrensweg zur Erforderlichkeit der Beilackierung gefunden wird, an dem sich die beteiligten Kreise dann auch orientieren.

Leider wurde keine Einigung erzielt, sodass die Formulierung vom AZT aus dem Jahr 2008 weiterhin die Hilfsgrundlage für die Beilackierung ist.

Die Branche braucht aber Klarheit über den Verfahrensweg, damit gerade die Fälle ausgeschlossen werden, dass der Lackierfachmann aus technischer Sicht eine Beilackierung ins angrenzende Teil für erforderlich hält und durchführt, die leistungspflichtige Versicherung aber diese für nicht erforderlich hält und die Kostenübernahme ablehnt. In nicht wenigen Fällen wurde vom lackierenden Betrieb zum Erreichen einer hohen Kundenzufriedenheit dennoch beilackiert, die Kosten aber nicht in der Rechnung aufgeführt, um die Diskussion mit der Versicherung zu vermeiden.

IFL schlägt für die weitere Vorgehensweise folgenden Weg vor:

Im Mittelpunkt muss stets die Erforderlichkeit der Beilackierung aus technischer Sicht stehen. Daraus ergeben sich folgende Fälle:

1. Fall:
Der eingeschaltete Kfz-Sachverständige/Kostenvoranschlag erstellende Betrieb erkennt, dass aufgrund des vorliegenden Farbtones und des Zustandes des Fahrzeuges eine Beilackierung voraussichtlich nicht erforderlich ist. Die Beilackierung erscheint nicht im Sachverständigengutachten/Kostenvorschlag.

2. Fall:
Der eingeschaltete Kfz-Sachverständige/Kostenvoranschlag erstellende Betrieb hält anhand des Schadensbildes und des Farbtones des konkreten Falles eine Beilackierung aus technischer Sicht für erforderlich. Der Kfz-Sachverständige/kalkulierende Unternehmer nimmt sämtliche Arbeiten, die für die Beilackierung erforderlich sind, darunter den Lackmaterialverbrauch sowie De- und Montage und Abdeckarbeiten in sein Gutachten/Kostenvoranschlag auf. Daran ist auch der leistungspflichtige Versicherer/Kunde gebunden.

3. Fall:
Der Kaskoversicherer schließt in seinen AKB die Beilackierung generell aus. Hier ist wichtig, dass der Kfz-Sachverständige/KV-erstellende Betrieb rechtzeitig vor Beginn der Reparatur auf die Erforderlichkeit der Beilackierung hinweist, damit der Kaskoversicherer Gelegenheit hat, die Beilackierung mit Hinweis auf die AKB des Einzelfalles auszuschließen und den Kunden darüber zu informieren.

4. Fall:
Erkennt der Lackierfachmann erst zu Beginn des Lackierprozesses, dass eine Beilackierung doch erforderlich wird, obwohl sie nicht im Gutachten/KV aufgeführt ist, dann sollte er diese durchführen und die Erforderlichkeit der Beilackierung in einer Begründung gegenüber der Versicherung aufnehmen. Der Versicherer hat die Kosten hierfür zu übernehmen. Ausnahme: Kasko (siehe Fall 3).

Ergebnis:
Die Erforderlichkeit einer Beilackierung ist stets auf den konkreten Reparaturfall bezogen. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit kann aber nicht alleine dem Lackierfachmann überlassen bleiben, sondern muss schon im Vorfeld abgeklärt sein, damit nicht spätere Konflikte auftreten. Hierzu sind der Kfz-Sachverständige und der lackierende Betrieb genauso einzubeziehen wie neben dem Kunden auch der Versicherer.

Wo und wann immer es möglich ist, sollte zwischen dem Gutachten/KV und dem Beginn der Reparaturarbeit genügend Zeit liegen, die Beilackierung mit dem Kunden, dem Sachverständigen und der leistungspflichtigen Versicherung abzuklären. Denn sollte der leistungspflichtige Versicherer die erforderliche Beilackierung nicht übernehmen wollen, dann hat vor Beginn der Reparatur der Lackierbetrieb die Möglichkeit, seinen Kunden darüber zu informieren. Diese Möglichkeit ist nicht gegeben, wenn nur der Lackierfachmann zu Beginn der Lackierarbeit die Entscheidungsnotwendigkeit hat und aufgrund des fehlenden Zeitfensters keine Reaktion mehr erfolgen kann.

Ihr IFL Team

http://ifl-ev.de/

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